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Anonym
Grandval Bibel, Adam und Eva
Ca. 840 n. Chr.
British Library London, England

8-18-Grandval Bibel

Bildrechte (Foto / Werk):
CC0 // Wikipedia

Quellenangabe:
http://en.wikipedia.org/wiki/Moutier-
Grandval_Abbey


   

Im frühen Mittelalter veränderte sich der Malstil, indem Figuren weniger plastisch und körperlich dargestellt wurden. Die beseelten Plastiken z.B. der griechischen Kultur waren passé, denn „die Betonung des körperlichen, diesseitigen Lebens konnte mit den christlichen Vorstellungen auf Dauer nicht vereinbart werden."[1] Das Genital wird mit Sündhaftigkeit in Verbindung gesetzt und gilt als Zeichen des Bösen. Den Figuren in dieser Bibeldarstellung fehlen geschlechtsspezifische Merkmale, das Geschlecht ist in beiden Fällen nicht abgebildet. In manchen mittelalterlichen theologischen Schriften existierte die Vorstellung, dass der Mensch von Gott ursprünglich ohne Genitalien geschaffen wurde und diese nachträglich, bei der Vertreibung aus dem Paradies, ausgebildet wurden.[2] Aufgrund des Sündenfalls wurden das menschliche Leben mühselig und Begehren und Sexualität negativ behaftet. Kirchenvater Gregor von Nyssa sah in den differenzierten Geschlechtern nach dem Sündenfall eine Notwendigkeit, um Leben zu reproduzieren. Augustinus vertrat die These, dass Adam und Eva bereits vor dem Sündenfall Genitalien besaßen, um sich zu reproduzieren, aber erst nach der Vertreibung Lust und Begehren empfunden wurde – wofür man sich seiner Ansicht nach schämen und das Geschlecht verbergen musste.[3] Aus diesen Gründen ist es nachvollziehbar, dass Vulva-Darstellungen in dieser Epoche nicht auftauchen, außer in diffamierender Weise z.B. als vulvaweisende Figuren oder als „sheela-na-gigs" in Irland. Das weibliche Genital wurde im Mittelalter auch als Einfallstor zur Hölle gedeutet und damit zusätzlich negativ belegt.