Genitalplastik oder Intimchirurgie bezeichnet operative Eingriffe an den weiblichen Genitalien (Vulva, Vagina, Klitoris...). [1] In manchen Fällen existieren medizinische Indikationen, doch in den meisten Fällen wird ein solcher Eingriff aus kosmetischen Gründen durchgeführt. Die häufigsten operativen Verfahren umfassen: Labioplastik (Venuslippenvergrößerung oder -verkleinerung), Klitorisvorhautreduktion, Hymenalrekonstruktion (Wiederherstellung des Hymen) und Vaginaltuning (künstliche Verengung der Vagina). [2] [3] Zu weiteren Operationen zählen auch Fettabsaugungen am Venushügel und den äußeren Venuslippen oder die Vergrößerung des G-Punktes durch Kollagen-, Hyaluronsäure- oder Eigenfettinjektionen. [4] Zudem kann eine Genitalplastik im Rahmen einer geschlechtsangleichenden Therapie durchgeführt werden. [1]
[AUSSENANSICHTEN] [INNENANSICHTEN] [GESCHLECHTSANGLEICHUNG]
Medizinische Indikation
Eine medizinische Indikation (Heilanzeige) ist eine notwendige zum Einsatz kommende medizinische Maßnahme bei einer bestimmte Erkrankung. So können etwa größere Venuslippen bei gewissen Sportarten (z.B. Reiten) Reibungen verursachen, die schmerzhafte Entzündungen und Schwellungen als Folge haben. [5] Auch kann eine verwachsene Klitorisvorhaut bei jeglicher Berührung zu Schmerzen führen – ein kurzer Eingriff kann schnell Erleichterung in den Alltag und das Liebesleben bringen. [6]
Ästhetische Chirurgie
Ästhetische Behandlungen oder ästhetische Operationen werden ohne medizinische Indikation auf Wunsch von Patientinnen und Patienten, die mit dem Aussehen ihres Körpers oder bestimmten Körperregionen unzufrieden sind, durchgeführt. Durch die starke Verbreitung der Intimrasur ist das weibliche Geschlecht „enthüllt" worden – sowohl im privaten als auch im öffentlichen Raum. Laut Psychologin Ada Borkenhagen (Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Universität Leipzig) fallen die individuellen Unterschiede der weiblichen Genitalien somit stärker auf. „Das massenmedial etablierte Intimideal folgt dabei der allgemeinen Schönheitsnorm von Jugendlichkeit: Gefragt ist ein Genital, das wie das eines jungen Mädchens aussieht und der Oberseite eines Brötchens gleicht, wobei die äußeren Schamlippen die inneren verdecken und die Schamlippen in engen Tangas oder Bikinihöschen nicht auftragen sollen". [7] Die „Designer-Vagina" des westlichen Kulturkreises sollte also möglichst unberührt, haarlos und mit möglichst kleinen Venuslippen ausgestattet sein. [3]
Die Anfrage nach Intimchirurgie ist dabei beständig am Steigen, auch wenn sie bis dato nur 0,08% der kosmetischen Eingriffe ausmachen (Stand 2009). Nach dem National Health Service in Großbritannien verdoppelte sich die Zahl der intimchirurgischen Eingriffe von 2004 bis 2009. In Amerika (Quelle: American Society of Plastic Surgeons) stieg die Zahl der Operationen im Genitalbereich um 30% von 2005 bis 2006. [8]
Nebenwirkungen & Spätfolgen
Im Bereich der Intimchirurgie fehlen nach wie vor Studien und wissenschaftliche Beobachtungen – genaue Daten zu Kurz- und Spätfolgen sind nicht vorhanden. Laut der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe gilt als gesichert, dass Nebenwirkungen wie Schwellungen, Wundheilungsstörungen und Entzündungen häufig direkt nach der Operation auftreten können. Als Spätfolgen können Narben, chronische Entzündungen, Sensibilitätsstörungen und Funktionsbeeinträchtigungen entstehen. Diese können zu Schmerzen beim Gehen, beim Sitzen, bei sportlicher Betätigung und beim Geschlechtsverkehr führen, was die Lebensqualität und das Sexualleben massiv beeinträchtigen – auch noch Jahre nach der durchgeführten Behandlung. [2] [4]
Kultur
Diese Frage nach der absoluten Schönheit beantwortet jede Kultur anders, auch wenn oft ähnliche ästhetische Ideale vorgegeben sind: Jugendlichkeit, Symmetrie, Gesundheit. Doch im Bereich der Genitalien spalten sich die kulturellen Ansichten nach dem perfekten Aussehen: In Teilen Afrikas sind möglichst große, gedehnte innere Venuslippen ein Symbol für Schönheit und Fruchtbarkeit. In Japan ist ein „schmetterlinghaftes" Aussehen der Venuslippen und buschig wachsende Charmehaare ein gesellschaftliches Ideal. Im westlichen Kulturkreis gilt im Moment die haarlose Vulva mit kleinen Schamlippen als erstrebenswert. [9] [VENUSLIPPEN]
Die modernen Behandlungsmethoden bieten die Möglichkeit, auch den intimsten Teil des menschlichen Körpers an das ästhetische Empfinden anzupassen. Dennoch darf hinterfragt werden, inwiefern die vorherrschenden Normen aus Medien und Pornokultur zu einem solchen Eingriff motivieren. Eine Genitalplastik kann bei Frauen, die unter ihrer „Abnormalität" leiden, Erleichterung schaffen, doch die körperlichen Folgen sowie Auswirkungen auf das Lustempfinden und das sexuelles Erleben sind nicht absehbar. [2] [3]
Weiterführende Links:
The Perfect Vagina, Lisa Rogers und Heather Leach, 2008 (Dokumentarfilm YouTube)
Vulva 3.0, Claudia Richarz und Ulrike Zimmermann, 2014 (Trailer)
Quick Change, Eduardo W. Roy Jr., 2013 (Trailer)