Social Freezing bezeichnet eine Technik der Reproduktionsmedizin, bei der Eizellen aus sozialpolitischen Gründen konserviert werden. [1] Frauen können mit diesem Verfahren in jungen Jahren (mindestens vor dem 35. Lebensjahr) Eizellen entnehmen und diese einfrieren lassen. Bei einem Kinderwunsch in fortgeschrittenem Alter können jene jungen Eizellen aufgetaut und verwendet werden um die Chancen auf ein gesundes Kind erheblich zu steigern. [2] Grundsätzlich wird zur Eizellengewinnung die gleiche Methode wie bei der In-vitro-Fertilisation [IN-VITRO-FERTILISATION] verwendet.
Bei Männern reifen die Keimzellen (Spermien) tagtäglich neu heran. Hingegen sind die weiblichen Keimzellen (Eizellen) von Geburt an angelegt. Ihre maximale Anzahl erreichen sie im 5. Fetalmonat mit 6.000.000 Stück, ab der Geburt sind nur noch 40.000-50.000 Eizellen vorhanden, bei dem Eintritt in die Geschlechtsreife etwa 20.000. [3] Mit fortgeschrittenem Alter der Frau steigt durch den natürlichen Alterungsprozess der Eizellen die Wahrscheinlichkeit für genetische Mutationen, welche im Falle einer Schwangerschaft beim Kind zu schwerwiegenden Behinderungen führen kann. [4]
Um diesem Problem Abhilfe zu schaffen, erfand die Reproduktionsmedizin das Social Freezing. Das Einfrieren von Eizellen aus medizinischen Gründen gibt es schon deutlich länger als das Social Freezing. So wird diese Technik in manchen Fällen bei Frauen mit Krebsdiagnose verwendet, da Chemotherapie und Bestrahlung die Eizellen schädigen können. [5] [6]
Zuerst werden die Eierstöcke innerhalb eine 14-tägigen Hormontherapie dazu angeregt, mehrere Eizellen reifen zu lassen. Anschließend werden die reifen Eizellen unter Narkose transvaginal abgesaugt und eingefroren. Laut Prof. Dr. Frank Nawroth (Gynäkologe und Experte für Kinderwunschbehandlung Hamburg) sollten mindestens 10 bis 15 Zellen entnommen werden. Diese Eizellen werden in flüssigem Stickstoff schockgefroren und bei 196 Grad bis zu 15 Jahre gelagert werden. Ca. 85% der Eizellen überleben den Auftauprozess und müssen sofort mit der männlichen Keimzelle befruchtet werden. Jedoch nisten sich nur 8 – 10% tatsächlich in der Gebärmutter ein. [4] [5] [7] Mögliche Komplikationen decken sich mit jenen der In-vitro-Fertilisation.
[IN-VITRO-FERTILISATION]
Social Freezing kam 2014 ins öffentliche Bewusstsein, da Firmen wie Apple oder Facebook offiziell verkündeten, ihren Mitarbeiterinnen im Rahmen des Familienpakets die Behandlung zu zahlen (Kostenpunkt: etwa 20.000 $). [1] Das Verfahren ist ethisch stark umstritten, da die Hormonbehandlung sowie Entnahme und Einsetzen der Eizellen eine körperliche Belastung für Frauen darstellt. Statt Wege zu finden Kinder und Karriere vereinbar zu machen, scheint das „Problem Kind" in die Zukunft verschoben zu werden. Ob spezielle Risiken für Kinder, die aus gefrorenen Eizellen entstanden sind, existieren, ist bis dato nicht bekannt, da keine langfristigen Daten vorliegen. [2] [5] [7]
Social Freezing scheint eine spannende Möglichkeit der Reproduktionsmedizin darzustellen, welche Frauen den Wunsch nach Karriere erfüllen kann, ohne sich mit ihrer biologischen Uhr auseinandersetzen zu müssen. Andererseits herrscht ein Streitpunkt um die reproduktiven Rechte einer Frau: inwiefern darf die Gesellschaft oder ein Arbeitgeber bestimmen können, wann eine Frau Kinder gebären soll? In wie weit darf man älteren Müttern vorwerfen, nicht mit eingefrorenen Eizellen vorgesorgt zu haben? Diese Fragen stehen noch offen, und werden in den Medien diskutiert, während auf der anderen Seite die Zahl der Eingriffe Jahr für Jahr steigt und das Geschäft mit dem Social Freezing stetig wächst. [2] [5] [6] [7]