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VAGINALGEBURT

Die vaginale Geburt gilt als natürlicher Geburtsvorgang, bei dem das Kind durch den Geburtskanal (Gebärmutterhals und Vagina) auf die Welt kommt. Im idealen Fall entwickeln sich spontane Wehen in der 40. Schwangerschaftswoche, der Muttermund öffnet sich von selbst und das Kind kann durch den natürlichen Pressvorgang geboren werden. [1] [2]

Eine normale Entbindung gliedert sich in drei Phasen:

Eröffnungsphase
Der Beginn der Eröffnungsphase ist durch regelmäßige Wehen gekennzeichnet, der Muttermund beginnt sich zu öffnen und die Fruchtblase platzt. Die Gebärmutterhöhle beginnt enger zu werden, die obere Uterusdecke verdickt sich und langsam wird der austreibende Druck auf den Fötus aufgebaut. Sobald der Muttermund mit einer Weite von etwa 10 Zentimetern vollkommen geöffnet ist, beginnt die Austreibungsphase. [3] [4]

Die Wehen (Muskelkontraktionen der Gebärmutter) werden von dem steigenden Hormon Östrogen sowie von den Neurotransmittern Prostaglandin und Oxytocin ausgelöst. [5] Erste Schwangerschaftswehen können bereits ab der ersten Schwangerschaftshälfte auftreten und sind relativ schmerzlos. Im Geburtsverlauf schieben die starken Geburtswehen das Kind durch den Geburtskanal. [6]

Austreibungsphase
Der Muttermund ist nun durch die Wirkung der Eröffnungswehen vollständig geöffnet, das Kind beginnt nun seine Reise durch den Geburtskanal. Wenn sich der kindliche Kopf tief genug im Geburtskanal befindet, wirkt Druck auf den Damm der Mutter und löst so die Presswehen aus, welche stark genug sind um den kindlichen Kopf und Körper durch das Becken der Mutter zu „pressen". [3] [4] [6]

Da der Beckeneingang der Mutter queroval, der Beckenausgang hingegen längsoval ist, muss sich der kindliche Kopf während des Durchtritts durch den Geburtskanal um 90° Grad drehen. Damit auch die Schultern geboren werden können, muss sich danach das Kind nochmals um 90° Grad drehen. Wenn Kopf und Schultern geboren sind, ist der größte Teil geschafft, der schmale Körper kann dann optimalerweise einfach herausrutschen. [3] [4]

Ist in der Austreibungsphase der Geburtskanal zu eng für den Kopf des Kindes, kann eine Episiotomie (Dammschnitt) durchgeführt werden. Dabei wird der Vaginalausgang künstlich durch einen Schnitt erweitert. In früheren Zeiten wurde ein Dammschnitt relativ oft gesetzt um den Geburtsvorgang zu beschleunigen. Aktuelle Richtlinien hingegen raten eher dazu, einen möglichen Gewebsriss zuzulassen und nur in Ausnahmesituationen einen Dammschnitt durchzuführen. [7] [8] [DAMM]

Nachgeburtenphase
In der Nachgeburtsphase sorgen die Nachgeburtswehen, dass sich der Mutterkuchen (Plazenta) und die Eihäute von der Gebärmutterwand lösen. Zudem begünstigen Blutungen den Ablöseprozess. Ein Blutverlust von bis zu 300 ml gilt als normal. Der Mutterkuchen und die Eihäute gelangen gemeinsam mit der Nabelschnur durch die Vagina nach außen. [2] [3] [4]

Natürliche Geburt?
Eine vaginale Geburt wird im Krankenhaus, mit der werdenden Mutter am Rücken liegend, durchgeführt. Die dabei entstehenden Schmerzen können bei Bedarf durch Schmerzmittel gedämpft werden. Standard ist die ständige Überwachung des Herzschlags des Kindes, sowie die halbstündliche Messung von Blutdruck und Pulsfrequenz der Mutter. [1] [2]

Die dogmatische Einhaltung vermeintlich notwendiger Vorkehrungen (Überwachung von Mutter und Ungeborenem) werden von vielen Expert_innen kritisiert, da sie zu mehr Stress bei Mutter und Kind führen würden und demnach der Geburtsvorgang kaum mehr „natürlich" sei. [1] Laut dem englischen Gynäkologe Grantly Dick-Read (1890- 1959) existiert zudem bei indigenen Völkern der Geburtsschmerz kaum bis gar nicht. [9] Ina May Gaskin (US-amerikanische Hebamme und Autorin, geboren 1940) vertritt die These, dass Stress und die Angst erst den Geburtsschmerz erzeugen, und berichtet in ihren internationalen Vorträgen und Workshops von Gegenbeispielen. [10]

Andere Wissenschaftler_innen haben Alternativen zur herkömmlichen Entbindung entwickelt: Die sanfte Geburt nach Frédérick Leboyer (französischer Gynäkologe, Geburtshelfer und Schriftsteller), die schmerzarme Geburt nach Fernand Lamaze (französischer Arzt, 1891- 1957) oder die Hypnobirthing-Methode nach Marie F. Mongan. Alle Methoden vereint, dass die Aufmerksamkeit wieder auf das Wohlergehen von Mutter und Kind gerichtet wird, und die Geburt als magisches Ereignis zwischen einem Neugeborenem und seiner Mutter angesehen werden kann. [9]

Weiterführende Links:
TEDx Talks, Reducing fear of birth in U.S. culture: Ina May Gaskin at TEDxSacramento, 2013 (YouTube)
Earth Birth Method (Webseite)