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pfeil-rechts
Anonym
Schamweisende
Ca. 12. Jahrhundert
Kirche San Pedro de Cervatos, Spanien

9-19-Schamweisende San Pedro de Cervatos

Bildrechte (Foto / Werk):
CC-BY-SA // Wikipedia
Autor: Ecelan

Quellenangabe:
http://es.wikipedia.org/wiki/
Lesbianismo


    Es existiert eine gewisse Diskrepanz zwischen dem Ethos der Kirche und den schamweisenden Figuren die sich an den Außenseiten der Kirchen befinden. Gewöhnlich gibt es ein Darstellungstabu der Genitalien mit Ausnahme des Geschlechts des neugeborenen Jesus. Wie also entstanden v.a. in Spanien und Frankreich genitalweisende Menschen und weshalb wurden sie ausgerechnet im christlichen Kontext gezeigt? Oftmals werden sie mit apotropäischen - also Unheil abwehrendem Sinn in Verbindung gebracht. Die Wissenschafterin Monika Gsell rollt in ihrem Buch eine weitere Interpretation auf, die im Folgenden näher vorgestellt wird.[1] Zunächst muss man aufgrund der sehr unterschiedlichen Darstellungsweisen davon ausgehen, dass schamweisende Figuren im Norden Europas einen anderen Ursprung und Zweck erfüllten als jene in Spanien und Frankreich.[2] Die Zeit, in der die ersten genitalweisenden Figuren in diesen Breitengraden auftauchten fällt, in die der Kreuzzüge. Die Menschen rückten in den reichen Osten vor und kamen mit dem Islam und somit mit einer anderen Kultur in Berührung. Gsell[3] stellt in ihrem Buch den Aufsatz von Claudio Lange vor, in dem er von einer „Islamisierung des Liebeslebens"[4] in der damaligen Zeit spricht. Konkret meint er andere Praktiken beim Geschlechtsakt, die entlang der Kirchen des Mittelalters dargestellt sind. Gsell spricht von „Bildzitaten des islamischen Liebeslebens".[5] Sie vermutet,[6] dass Muslime als schamlos und obszön gedemütigt werden sollten und dass dies auch im Umkehrschluss Gültigkeit besitzt, also dass „obszöne Männer und Frauen mit muslimischen Attributen versehen wurden".[7] Damit wurden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, zum einen[8] wurde Hetze gegen andere Religionen betrieben und zum anderen Propaganda für den antiislamischen Krieg gemacht.[9]
Spanien war im Lauf seiner Geschichte immer wieder mit arabischen Eroberungen konfrontiert,[10] weshalb diese Geste seitens des Christentums nicht verwunderlich ist. Die Figur befindet sich an der Außenwand der Kirche an einem Fenster und wird an der gegenüberliegenden Seite von einem männlichen Pendant ergänzt. Die Frau hält ihre Beine an den Oberschenkeln umklammert nach oben und präsentiert freizügig ihre Vulva. Die äußeren Schamlippen wurden modelliert, die inneren Schamlippen sind angedeutet. Statt einer Vaginalöffnung findet sich eine geschlossene Mulde. Der debile Gesichtsausruck würdigt die Frau zusätzlich herab. Die Pose, welche die Frau einnimmt, sollte die Andersartigkeit des Geschlechtsverkehrs von Muslimen hervorheben. Die muslimische Assoziation ergibt sich durch das Kopftuch, das die Frau trägt.