AT
/
pfeil-rechts
MUSCHI, FUT & LOTOSBLÜTE

Welche Synonyme gibt es eigentlich für die weiblichen Sexualorgane? Und warum fällt es oft so schwer, diese in der Öffentlichkeit auszusprechen?

Ein möglicher Anhaltspunkt könnte Jahrtausende zurück liegen. In dem Schöpfungsbericht der Bibel werden Eva und Adam von der Schlange verführt, einen Apfel vom Baum der Erkenntnis zwischen Gut und Böse zu essen. Die verbotene Paradiesfrucht hat mehrere Bedeutungen: etwa die materielle Welt, oder auch das Böse. Der Ungehorsam gegenüber Gottes Gebote hatte als Folge, dass Eva und Adam ihre Nacktheit erkannten, sich schamvoll mit Feigenblättern bedeckten und vor Gott versteckten. Daraufhin vertreibt Gott das Paar aus dem Paradies. [1] [2]

Diese christliche Wertvorstellung scheint unterbewusst noch immer in unserem Denken und Handeln verankert. Aber nicht nur im christlich geprägten Kulturkreis wird Sexualität meist als pervers, dreckig und sündig angesehen. Die Schamhaftigkeit findet sich auch in der Beschreibung der weiblichen Anatomie wieder. Es gibt die Bezeichnung Schamhügel (lat. Mons pubis) und Schamlippen (lat. Labia pudendi), oft wird die Gesamtheit der äußeren weiblichen Genitalien als die „Scham" bezeichnet. [3] [4]

Doch warum sollten die weiblichen Genitalien Gegenstand von Schamgefühl sein? Das abwertende Bezeichnungen negative Auswirkungen auf Frauen und ihre Sexualität haben, ist ein Konzept, das erst nach und nach ins Bewusstsein der Medizin und Psychologie dringt. Namhafte Schriftsteller_innen und Wissenschaftler_innen wie Naomi Wolf und Christiane Northrup fordern ein Überdenken alter Begrifflichkeiten. Auch bedeutende Sexualforscher wie Volkmar Sigusch sagen dazu: [5] [6] [7]

„Obgleich alle Ausdrücke, die die sexuelle Sphäre durchgeistern, problematisch sind, ist es doch nicht gleichgültig, welches Wort wir benutzen.(..) Ich sage also nicht, es sei egal, (..) ob wir von Schamlippen sprechen oder von Labien oder von Venuslippen." [7]

Abwertende Bezeichnungen gibt es allerdings viele: Fotze, Möse, Cunt, Loch, Fut, Spalt, Ritze, aufgeplatzter Igel... Dabei haben einige einen durchaus schönen Ursprung. Zum Beispiel das Wort „Cunt", erklärt Mithu M. Sanyal in ihrem Buch „Vulva - die Enthüllung des unsichtbaren Geschlechts", sei etymologisch eng mit „queen" und „country" verwandt und habe früher „heiliger Ort" bedeutet. [8] [9]

Heute haben sich die eher medizinischen Begriffe wie Vagina und Vulva durchgesetzt. Vagina bedeutet auf lateinisch „Scheide", wie bei einer Schwertscheide, und bezeichnet eigentlich nur den inneren Teil des weiblichen Genitals, welcher den Penis aufnehmen kann. [3]

Andere Worte sind stark verniedlichend und kommen oft aus der Tierwelt: Bärchen, Miezekätzchen, Schmuckkästchen, Pfläumchen, Zuckerschnecke. Diese Ausdrücke benutzen sehr kindliche Akzente, fast als wollten sie mit der Natur der Sache, der Vagina, so wenig wie möglich zu tun haben. [8] [10]

Doch es gibt auch starke und erotische Umschreibungen für das weibliche Geschlecht. Etwa „Erdbeermund", diese Bezeichnung wurde durch ein Liebesgedicht aus dem Jahr 1930 von Paul Zech (deutscher Schriftsteller) geprägt. Andere Begriffe stammen aus dem asiatischen Raum: die „rote Lotosblüte" gilt im chinesischen Taoismus als das Symbol für die Vagina, in der tantrischen Sexualität wird die Bezeichnung „Yoni" verwendet. Die Venus, als römische Göttin der Liebe, bietet in den Worten Venuslippen und Venushügel eine Alternative zur Scham. Ein anderer Ansatz bietet auch das Wortspiel „Charme-lippen". [11] [12] [13] [14] [15]

Was kann man gegen gegenwärtige frauenfeindlichen Sprachstrukturen tun? Ein erster Schritt etwa ist das Hinterfragen des eigenen Sprachgebrauches und das (er)finden positiv besetzter Namen für das weibliche Geschlecht.