Die Darstellung von Frauen in Film und Fernsehen wurde von feministischen Bewegungen ab den 1960er Jahren untersucht. Wie werden Frauen in zeitgenössischen Filmen dargestellt? Welche Identifikationsmöglichkeiten für Geschlechterrollen bieten Film und Fernsehen? Wie geht man mit frauendiskriminierenden Tendenzen um? [1]
Ob Frauen als vielschichtige Individuen oder als wandelnde Klischees dargestellt werden, erforscht mitunter der Bechdel-Test. Dieser nicht wissenschaftliche Test wurde 1985 von der Cartoonistin Alison Bechdel entwickelt und besteht aus drei Fragen, welche nicht die filmische Qualität beurteilen, sondern den Status von Frauenrollen in Spielfilmen aller Genres auswertet: [2] [3]
1. Kommt in dem Film mehr als eine Frau vor und haben sie einen Namen?
2. Sprechen die Frauen miteinander?
3. Reden die Frauen miteinander über etwas anderes als Männer?
Zu viele der großen Blockbuster der letzten Jahrzehnte bestehen den Bechdel-Test nicht. Die „Der Herr der Ringe" Kinotrilogie von Peter Jackson kann mit mehreren Oscars und über zehn Stunden Filmmaterial aufwarten, jedoch kommt kein einziges Gespräch unter Frauen vor. Der hochgelobte 3D-Film „Avatar" von James Cameron besticht durch differenzierte weibliche wie männliche Charaktere, doch das einzige Gespräch zwischen zwei Frauen handelt von einem Mann. Im Heldenepos „Star Wars" (Episode 4-6) von George Lucas tauchen drei Frauen auf, die allerdings nie miteinander reden. Auch der letzte Teil der achtteiligen Harry Potter Filmreihe fällt durch. In dem über zwei Stunden dauernden Kampf zwischen Gut und Böse ist kein Platz für eine Unterhaltung zwischen Frauen. [2] [4]
Doch, es gibt auch Alternativen in Film und Fernsehen, in denen Frauen gutdurchdachte Charaktere verkörpern, und sich aktiv an dem Geschehen beteiligen.
Blockbuster wie „Hunger Games", „Black Swan", „Die fabelhafte Welt der Amelie" oder „Divergent" bestehen den Bechdel-Test mit Leichtigkeit und zeigen, dass auch Frauen auf der Leinwand eindrucksvolle Heldinnen verkörpern können. Die Mütter, Nonnen und Mädchen aus den Filmen des Star-Regisseur Pedro Almodóvar (spanischer Filmregisseur, Produzent und Drehbuchautor) sind starke, humorvolle Frauen, die gleichzeitig einen freiheitlichen Geist besitzen um in der großen Stadt zu überleben, für sich selbst sorgen und keine Vorurteile gegenüber anderen kennen.
Spannend sind die Frauenrollen in Quentin Tarantinos Filmen. Der Regisseur und Drehbuchautor bedient sich bewusst verschiedener Klischeebilder und Stereotypen. Diese werden aber in späteren Sequenzen zerstört und/oder persifliert. Aufgebaute Erwartungshaltungen werden letztendlich nicht erfüllt. [5] [6] [7]
Auch schuf Rainer Werner Fassbinder (deutscher Regisseur, Filmproduzent, Schauspieler und Autor) große Frauenfiguren. Meist spielten seine Frauenfiguren die Hauptrollen als Heldin oder sinngebende Figur des Films. Sie stellten sich ihren Schicksalen und wurden Symbol der frühen Bundesrepublik. [8]
Eine Auswertung von 6184 Filmen ergab, dass etwa die Hälfte (57%) den Bechdel-Test besteht, Tendenz steigend. 10% der Filme bestehen 2 der 3 Fragen, weitere 21% 1 von 3, die letzten 10% bestehen keine einzige Frage. Dabei zeigen Filme mit positivem Bechdel-Test durchwegs gute Ergebnisse an Kinokassen. Doch die Regie ist nach wie vor vorwiegend in Männerhand, der Anteil an weiblichen Regiseur_innen der 100 erfolgreichsten Filme lag im Jahr 2012 gerade mal bei 4,1%. [5] [9]
Eine andere Art mit Sexismus im Film und Fernsehen umzugehen, ist eine spielerische Gegendarstellung zu präsentieren. Im "schockierenden" wie amüsanten Kurzfilm der Französin Éléonore Pourriat "Majorité Opprimée" (Unterdrückte Mehrheit) werden die herrschenden Rollenbilder von Frau und Mann einfach umgedreht. Der Hauptdarsteller Pierre fährt in Shorts auf dem Fahrrad durch die Stadt, darf sich anzügliche Kommentare anhören, ist sexueller Gewalt durch Frauen ausgesetzt und wird von der Polizistin nicht ernst genommen. Seine Ehefrau entgegnet bei einer Zeugenaussage mit dem Satz: "Du und dein maskulinistischer Quatsch". Pourriat stellt alltäglichen Sexismus dar und macht ihn auch für Menschen, die normalerweise nicht darunter leiden, erfahrbar.
Fun Fact: der Kurzfilm mit englischen Untertiteln wird von Youtube als „möglicherweise für einige Nutzer unangemessen" bezeichnet. [10] (Weiterführende Links)
Weiterführende Links:
Majorité Opprimée, Éléonore Pourriat, 2010 (Trailer)
Majorité Opprimée, Éléonore Pourriat, 2010 (Trailer mit englischen Untertiteln)