Thomas Laqueur ist ein amerikanischer Wissenschaftler mit dem Forschungsschwerpunkt für Kultur und Geschichte der Sexualwissenschaften. In seinem Buch „Making Sex: Body and Gender from the Greeks to Freud" postuliert er folgende Hypothese: Vor dem 18. Jahrhundert sei der Mann als Prototyp, als Ideal des Menschen, in der europäischen Kultur betrachtet worden. Die Frau wäre die unvollständige Version des Mannes gewesen. Dies bezeichnet Laqueur als das „Ein-Geschlechts-Modell". [1] [2] [3]
Es besagt weiter, die Vagina der Frau sei aufgrund mangelnder Hitze ein nach innen gestülpter Penis. Beim Mann hingegen würde sein männliches Feuer den Penis nach außen drücken. Frauen hätten die gleichen Organe wie Männer, nur eben an einem geschützteren Ort, demgemäß befänden sich die Hoden der Frau in ihrem Bauchraum. Der Körper der Frau sei sozusagen eine weniger perfekte Version des männlichen Körpers, anstatt diese als gänzlich unterschiedliche biologische Systeme zu begreifen. Diese Theorie bezieht sich allerdings primär auf das biologische Geschlecht. Nach Laqueur sei damals das Geschlecht eher eine Bezeichnung der sozialen Rolle gewesen, eine bestimmte Position in der Gesellschaftsordnung, die man als Frau oder Mann innehatte. [1] [2] [3]
Ab dem 18. Jahrhundert kam ein Paradigmenwandel, unter anderem bedingt durch neue Erkenntnisse in der anatomischen Forschung. Das „Zwei-Geschlechter-Modell" besagt, dass Mann und Frau nun als gegensätzliche Polaritäten wahrgenommen worden seien. Die weiblichen und männlichen Geschlechtsorgane seien als verschieden erkannt worden und erhielten eigene Bezeichnungen. Laqueur betont auch, dass dieser Umschwung nicht nur auf wissenschaftlichen Fortschritt begründet sei, viel eher entspräche dieser Perspektivenwechsel einer wissenschaftlichen Revolution im Sinne von Thomas Kuhn (US-amerikanischer Wissenschaftsphilosoph und Wissenschaftshistoriker), die komplex zu verifizieren sei. [1] [2] [3]
Es gibt einige Kritiken an diesen Hypothesen, die bekunden, dass das Ein-Geschlecht-Modell nicht in der Antike, und nur zu Teilen im europäischen Mittelalter gültig gewesen sein soll. Es sei eher so, dass beide Modelle zu unterschiedlichen Zeiten und Orten oft nebeneinander existierten, aber dass das Zwei-Geschlechter-Modell sich durchsetzte. [1] [4]
Der Begriff „das dritte Geschlecht" wurde 1899 vom deutschen Autor Ernst von Wolzogen geprägt. Ende des 20. Jahrhunderts kam dieser Begriff im Rahmen der Queer-Theorie und Trangender-Bewegung wieder auf. Heute umfasst „Das dritte Geschlecht" intersexuelle und transidente Menschen. [TRANSIDENT] [INTERSEXUELL]. Allerdings wird hierbei auch wieder kritisiert, dieses Modell würde nur weitere undifferenzierte Denkweisen fördern. [1] [5]
„Vagina-Vesalius“ von Andreas Vesalius
Thomas Laqueur: Making Sex, Harvard University Press, 1991
Quellenangabe:
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Vagina-
Vesalius.jpg#/media/File:Vagina-Vesalius.jpg